Permanent- und Notstrom über Balkonkraftwerk und Power Station
Generell ist die Investition in Photovoltaik in der aktuellen geopolitischen Situation und vor dem Hintergrund eines sich stetig beschleunigenden Klimawandels eine gute Idee. Leider werden aufgrund von Lieferengpässen die Anlagen immer teurer und die Wartezeit, bis eine Anlage geliefert und montiert werden kann, zunehmend länger. Auch hat nicht jeder die Möglichkeit, eine große Anlage aufzustellen. Vor dem Hintergrund dieser Problematik kommen Balkonkraftwerke ins Spiel, häufig verbunden mit dem Wunsch, sich gegen zukünftige Stromausfälle zu wappnen.
Hier werden Möglichkeiten und Grenzen von Balkonkraftwerken sowie Solarmodulen in Verbindung mit einer Power Station erklärt.
Natürlich muss man nicht die Antworten zu allen Fragen lesen. Sollte eine Erklärungen aber mal nicht unmittelbar einleuchten, kann es sich lohnen, die vorhergehenden Antworten zu betrachten, da einige Zusammenhänge aufeinander aufbauen.
Ein Balkonkraftwerk besteht aus einem oder mehreren Solarmodulen und einem dafür ausgelegten Wechselrichter, der in Deutschland eine Maximalleistung von 600W nicht überschreiten darf. Das Balkonkraftwerk ist nicht genehmigungs- aber anmeldepflichtig und darf erst in Betrieb gehen, wenn sichergestellt ist, dass der vorhandene Stromzähler nicht rückwärts zählen kann. Sollte ein Zähler-Modell verbaut sein, das diese Anforderung noch nicht erfüllt, so darf die Anlage erst betrieben werden, nachdem der Netzbetreiber den Zähler ausgetauscht hat.
Die Voraussetzung für den Betrieb eines Balkonkraftwerks ist ein moderner Stromzähler.
Diese Geräte sind in der Regel "saldierend" geschaltet. Das heißt, wenn auf einer Phase ein Stromüberschuss besteht, der gleichzeitig auf der anderen Phase verbraucht wird, werden die Ströme verrechnet - daher sollte es eigentlich egal sein, in welche Phase eingespeist wird. Im Zweifel bringt aber eine Anfrage beim Netzbetreiber Klarheit.
Hintergrund: In der Regel sollten die drei Phasen des Drehstroms aus dem Landnetz gleichmäßig über die Leitungsstränge im Haus verteilt sein. Da die einzelnen Phasen gegeneinander phasenverschoben sind, besteht keine direkte Verbindung zwischen diesen Leitungen. Wenn also in eine Phase eingespeist wird, hat ein Verbraucher nur mit einer 1/3 Wahrscheinlichkeit direkten Kontakt zum Balkonkraftwerk.
Nein! Das Balkonkraftwerk wird wie ein normaler Verbraucher an das Hausnetz angeschlossen. Die Elektronik des Wechselrichters erkennt die Netzphase und speist phasengleich den durch das Solarmodul erzeugten Strom ein. Ohne anliegende Netzfrequenz darf der Wechselrichter keinen Strom abgeben, da sonst an den offenen Kontakten eine lebensgefährliche Spannung anliegen würde. Dieser NA-Schutz (Netz- und Anlagenschutz) ist daher auch in der VDE Norm vorgeschrieben.
Die häufigste Steckerverbindung für die hier verwendeten Solarmodule ist MC4. Sie wird über einen Adapter an den herstellereigenen Gleichstromanschluss der Power Station angeschlossen. Da hier kein Wechselrichter zunächst eine Wechselspannung erzeugt, die dann zum Laden des Akkus wieder in eine Gleichspannung umgewandelt werden muss, entfallen die bei der Umwandlung entstehenden typischen Verluste. Mit Hilfe der MPPT-Funktion stellt die Power Station sicher, dass der optimale Arbeitspunkt des Solarmoduls genutzt wird. MPPT steht dabei für Maximum Power Point Tracking und bedeutet, dass das Ladegerät die Kombination aus Spannung und Strom verwendet, bei der das Solarmodul die höchste Leistung liefert.
Nein! Im günstigsten Fall würde nur die Elektronik des Wechselrichters in der Power Station zerstört.
Nein! Power Stationen haben eine Eingangsseite, über die der interne Akku geladen wird, über die indirekt aber auch an die Station angeschlossene Verbraucher (pass through) versorgt werden. Hier können Solarmodule bis zu einer maximalen, von der Power Station abhängigen Leistung, eine KFZ Quelle sowie das Stromnetz einspeisen. Die Eingangsseite selber gibt keinen Strom ab! Auf der Ausgangsseite stehen Gleichstromanschlüsse, wie USB-A und USB-C, die 12V KFZ Buchse, sowie über einen Wechselrichter 220 V Wechselstromanschlüsse zur Verfügung. Die Ausgangsanschlüsse dürfen dabei nie mit dem Hausstrom in Berührung kommen!
- Jeder Versuch diese direkt zu verbinden, würde zu offenen stromführenden Kontakten und damit zu lebensgefährlichen Zuständen führen!
- Im Gegensatz zum Wechselrichter des Balkonkraftwerks gibt es auch keine Phasenanpassung am Ausgang der Power Station, so dass hier eine Einspeisung ins Hausnetz generell nicht möglich ist.
Der 220V Ausgang der Power Station kann sich in zwei Punkten vom Strom aus der normalen Steckdose unterscheiden.
- Günstige (minderwertige) Wechselrichter erzeugen eine sogenannte modifizierte Sinus-Spannung. Hierbei wird über eine einfache digitale Schaltung der Spannungsverlauf an eine Sinuskurve angenähert. Die resultierende Kurve sieht mehr oder weniger grob gerastert aus. Viele Geräte funktionieren problemlos, doch bei empfindlicher Elektronik kann die hier erzeugte Wechselspannung zu Schäden führen. Hochwertige Wechselrichter arbeiten mit Leistungstransistoren, die Schaltfrequenzen im zweistelligen kHz Bereich haben. Über die Pulsweitenmodulation erhält man aus den unterschiedlich langen Pulsen im zeitlichen Mittel eine Sinusfunktion, die noch über einen Tiefpassfilter (Drosselspule) geglättet einen reinen Sinus erzeugt, der sich nicht von dem des Netzbetreibers unterscheidet.
- Eine Power Station liefert, wenn sie nicht auf der Eingangsseite an das Landnetz angeschlossen ist, ein so genanntes IT-Netz. IT-Netz und TN-Netz (wie in modernen Hausinstallationen vorhanden) unterscheiden sich durch das Potential der Phasen gegenüber der Erde und dem Berührungsschutz. Das IT-Netz besteht aus den Leitungen L1 und L2 ohne Schutzleiter. Die Spannung zwischen L1 und L2 beträgt wie erwartet 230 V, die Spannung zwischen dem Erdpotential und einer der Leitungen kann jedoch irgendwo zwischen 0 und 230 V liegen. Beim einphasigen TN-Netz haben wir hingegen die Phase L, den auf Erdpotential liegenden Schutzleiter und den Nullleiter N, der hinter der FI-Sicherung ebenfalls mit dem Erdpotential verbunden ist.
- Die Power Station ist selber eine vom Hausnetz unabhängige Stromquelle, an die geeignete Geräte nicht nur im Notfall direkt angeschlossen werden können. Die meisten Power Stationen verfügen daneben über eine "pass through" Eigenschaft, was bedeutet, dass sie gleichzeitig über Solarmodule oder andere Quellen geladen werden können, während sie Verbraucher mit Strom versorgen.
- Sollte die Notwendigkeit bestehen, fest verdrahtete Geräte im Haus während eines Stromausfalls mit Notstrom zu versorgen - beispielsweise Heizungssteuerung und -pumpe, aber auch Smart-Geräte wie elektrische Rollläden - so kann durch den Elektriker eine Weiche in das Hausnetz eingebaut werden. Im Sicherungskasten wird dazu ein Schalter eingebaut, mit dem im Fall eines Stromausfalls der benötigte Strang vom Hausnetz auf die Power Station umgeschaltet wird. Dabei muss immer gewährleistet sein, dass es keinen Kontakt zwischen dem Landnetz und der Zuleitung von der Power Station geben kann! Zusätzlich muss über Erdungsbrücken das IT-Netz der Power Station auf ein TN-Netz umgestellt werden, da der durch die FI Sicherung gegebene Schutz ohne die Maßnahme ausgehebelt ist.
- Die effizienteste ist gleichzeitig die aufwändigste Methode und kommt nur in Frage, wenn das Leitungsnetz saniert wird und gleichzeitig die Anschaffung einer geeigneten Power Station geplant ist. Dazu wird im Vorfeld festgelegt, welche Geräte im Notfall mit Strom zu versorgen sind. Diese werden bei der Installation auf einen Strang ohne andere Verbraucher gelegt. Der Strang wird nun komplett vom Hausnetz entkoppelt und nur vom Ausgang der Power Station versorgt. Wie bei der vorherigen Lösung muss auch hier das IT-Netz der Power Station auf ein TN-Netz umgestellt werden. Bei der Dimensionierung der Power Station ist zu beachten, welche Leistung im Notstromfall für die angeschlossenen Geräte erforderlich ist! Der Eingang der Power Station kann jetzt sowohl vom Solarpanel als auch vom Hausnetz gespeist werden. Der Vorteil dieser Lösung ist, dass bei Stromausfall eine nahezu unterbrechungsfreie Stromversorgung gewährleistet ist, die bei ausreichend Sonne und geringem Stromverbrauch vom Solarpanel automatisch nachgeladen wird. Auch im Regelbetrieb kann bei dieser Lösung das Solarpanel den Strombedarf aus dem Netz reduzieren. Durch die zwangsläufige Alterung der Geräte und die hohen Anschaffungskosten, ist jedoch eine Amortisation über den Strompreis bei dieser Lösung nicht realistisch.
Hinweis: FI-Sicherungen funktionieren über Messung des Magnetfeldes um den stromdurchflossenen Leiter. In einem geschlossenen Stromkreis entsprechen der Strom durch die Phase dem Rückstrom durch den Nullleiter, so dass sich die beiden Magnetfelder kompensieren. Wird jedoch - beispielsweise durch Kontakt eines Leiters mit dem Gerätegehäuse oder durch Berührung eines Kontaktes - Strom abgeleitet, so entspricht der Rückstrom im Nullleiter nicht mehr dem der Phase und die Sicherung löst aus.
Gefahr besteht für den Menschen, sobald ein Strom durch den Körper fließt. Bei Berührung nur eines Pols in einem IT-Netz, passiert nichts, da über den Körper kein Stromkreis geschlossen wird. Erst bei Berührung des zweiten Pols schließt sich der Stromkreis und über den Körper fließt Strom. Anders sieht es im TN-Netz aus. Berührt man hier die Phase, so ist über die Erde ein Stromkreis geschlossen. Die Stromdifferenz zwischen Phase und Nullleiter löst aber unmittelbar die FI-Sicherung aus, so dass die Phase stromlos geschaltet wird.
Für Experten: Umrichter, Schaltnetzteile und Batteriesysteme können zu DC-Fehlerströmen führen, daher müssen hier FI-Sicherungen eingesetzt werden, die diese erkennen und bei DC-Strömen über 6 mA abschalten.
Im Prinzip ja - aber mit Einschränkungen: Motoren, Heizelemente und gerade Kompressoren von Kühlgeräten haben einen Einschaltstrom, der eine deutlich höhere Spitzenlast erzeugt, als im angegebenen Regelbetrieb. In der Praxis scheint nicht immer vorhersagbar zu sein, welcher Verbraucher an welcher Power Station gerade funktioniert oder auch nicht...
Bei mehrmonatiger Lagerung sollten Lithium-Ionen-Akkus nur zwischen 40% und 50% geladen, bei 20° Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von maximal 60% aufbewahrt werden. Da Power Stationen aber häufig als Notstromaggregat vorgesehen sind, lautet die Empfehlung, die Akkus auf maximal 80% ihrer Kapazität aufzuladen und alle 6 Monate einmal zu entladen und anschließend wieder auf 80% zu laden. Eine Lagerung mit 100% Ladung lässt dagegen den Akku deutlich schneller altern!
Ein normaler Durchlauferhitzer benötigt eine Leistung von 24 kW. Auch ein handelsüblicher Herd zieht bis zu 12 kW. Vergleicht man dies mit der maximalen Leistung von Power Stationen, die in der Regel bei 0,5 bis 2 kW liegen, so sieht man, dass bei nur einem derartigen Verbraucher die Power Stationen schon 5 bis 50 mal unterdimensioniert ist. Auch rein rechnerisch - gäbe es die Leistungsbeschränkung der Stationen nicht - würde der Durchlauferhitzer den Speicher einer "großen" Power Station mit 1,2 kWh, innerhalb von 3 Minuten aussaugen.
Anhand dieser extremen Beispiele fällt es leicht, abzuschätzen, wie lange ein Gerät an einer Power Station (ohne Nachladen derselben) betrieben werden kann. Die Kapazität der Power Station wird in Wattstunden (Wh) angegeben. Hierbei müssen noch ca. 10% interne Verluste und Sicherheitspuffer, mit dem das Gerät eine Tiefenentladung des Akkus verhindert, abgezogen werden. Die Leistungsaufnahme P des Verbrauchers findet sich in den technischen Daten oder auf dem zugehörigen Netzteil. Sie wird entweder in Watt (W) und/oder als Produkt aus Spannung U in Volt (V) und Stromstärke I in Ampere (A) angegeben. So ergeben I = 2A mal U = 5V eines Beispielgerätes (typischer USB-Anschluss) eine Leistungsaufnahme von P = 10W. Bei einer angenommenen Kapazität von C = 1 kWh einer Power Station würde diese nach Abzug der 10% eine verfügbare Kapazität von 900 Wh bereitstellen. Damit könnte unser Beispielgerät also 90 Stunden an dieser Power Station betrieben werden.
Für den Betrieb des Wechselstromausgangs kommen darüber hinaus in der Größenordnung weitere 15% Verlustleistung hinzu. Einige Power Stationen haben bei eingeschaltetem Wechselstromausgang sogar einen Blindstrom ohne Last von bis zu 35W, damit wäre die angenommene Power Station aus unserer Rechnung, nachdem sie zuvor voll geladen wurde, innerhalb von etwas mehr als einem Tag erschöpft - wie gesagt - ohne angeschlossenen Verbraucher.
Ein sinnvoller Einsatz von Power Stationen erlaubt es, Kommunikations- und Arbeitsgeräte wie Smartphones und Laptops über längere Zeit einsatzfähig zu halten. Für Menschen, die auf medizinische Geräte angewiesen sind, können Power Stationen tatsächlich lebenswichtig sein. Zum Zubereiten von Suppen und gegen die Kälte sind jedoch gasbetriebene Kocher und warme Pullover die bessere Wahl.
Teilt man die Kapazität der Power Station durch die Leistung des jeweiligen Eingangs, folgt daraus die minimale Ladezeit für eine volle Ladung. Die verbleibende Zeit multipliziert man einfach mit dem prozentualen Anteil der für eine volle Ladung fehlt. Beispiel: Bei einer Kapazität von C = 1,2 kWh und einer Eingangsleistung von P = 300W wäre der Akku innerhalb von 4 Stunden komplett geladen. Sind 75% der Ladekapazität erreicht, so ist der Akku innerhalb von einer Stunde voll geladen. Einige Power Stationen geben die verbleibende Ladezeit in ihrer Statusanzeige an. Die Aufladung der Power Station über ein Solarmodul ist demgegenüber kaum berechenbar, da die Ausgangsleistung des Moduls extrem vom Sonnenstand, Einfallswinkel, Bedeckungsgrad und der Temperatur abhängt. Als Daumenwert kann man davon ausgehen, dass die maximale - angegebene - Leistung des Moduls nur über die Mittagszeit der hellen Jahreszeit, bei klarem Himmel, kühlen Temperaturen und einer senkrechten Ausrichtung zur Sonneneinstrahlung erreicht wird.
Speicherzellen in Power Stationen sind entweder aus Lithium-Ionen-Zellen (Li-Ion) oder aus Lithium-Eisenphosphat-Zellen (LiFePO4) aufgebaut.
Der Vorteil der Li-Ion-Zelle ist die höhere Energiedichte. Das heißt, bei gleichem Gewicht, kann gegenüber der LiFEPO4-Zelle eine größere Energie gespeichert werden.
Vorteil der LiFEPO4-Zelle ist die deutlich höhere Lebensdauer. Während bei Li-Ionen Zellen in der Regel nach 1000 Zyklen (1 Zyklus ist die komplette Entladung und anschließende Aufladung) die Kapazität auf 80% gesunken ist, kommen LiFEPO4-Zellen auf über 5000 Zyklen.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Zellchemie begründet, die dafür sorgt, dass ein "thermisches Durchgehen" und eine Membranschmelze nahezu ausgeschlossen werden kann und sich damit das Brand- und Explosionsrisiko deutlich verringert.
- Landnetz => vom Energieversorger bereitgestellter Strom
- pass through => Stromdurchführung vom Landnetz über die Power Station an den Verbraucher. Bei manchen Geräten können in diesem Modus deutlich höhere Leistungen an die Endgeräte abgegeben werden, als dies im reinen Akku-Betrieb möglich ist.
- Wechselrichter = Inverter => Gleichspannung -> Wechselspannung
- Umrichter = Gleichrichter => Wechselspannung -> Gleichspannung
- Solarmodul = Solarpanel
- Power Station = Solar Generator
- Gleichstromeingang = DC Input
- 1.000 Wh (1.000 Watt-Stunden) = 1 kWh (1 Kilo-Watt-Stunde)